Geschrieben von Christian K. am 13.02.2013 22:08
HISTORISCHES

Bergungsmesser

Wer von uns Helfern solch ein Bergungsmesser hatte, stieg erheblich im Ansehen. Dolles Ding. Musste man haben.

Die Bergungsmesser gehörten eigentlich in die Tragesätze (Geräterucksäcke) A, B oder C, die auf den drei MKWs (Mannschaftskraftwagen) des Bergungszuges verlastet waren. In der Aussentasche hinten, in einem Schutzhandschuh verpackt, sollte man sie finden können. Wenn die in den Tragesätzen drin waren, waren sie aber nicht lange darin - sie wurden geklaut. Vor dem Hintergrund wurden sie eine ganze Zeit streng unter Verschluss gehalten, bis wir dann dazu übergingen die Bergungsmesser an die Helfer gegen Quittung auszugeben.

In meiner langen Laufbahn hatte ich zwei. Ausgestattet waren sie beide gleich:
Eine Klinge mit nach unten abgerundeter, bzw. angeschrägter Spitze, ein kombinierter Dosen- / Flaschenöffner, ein Dorn zum Spleißen (Seile zusammenflechten), Stiche und Bunde (Knoten) öffnen, etc.
Man sieht es auf dem Foto kaum: Dort wo die Klinge herausgeklappt wird, befand sich noch ein stabiler Schraubendreher.
Alle Anbauteile waren von gewohnter, hoher Qualität und unkaputtbar. Die auffällig gebogene Klinge schnitt hervorragend, besonders an deren Spitze.
Mit dem Dosenöffner konnte man Autoblech schneiden. Das haben wir natürlich ausprobiert.
Einen Flaschenöffner braucht man ja nie ;-) Der Schraubendreher war oft hilfreich.
Gegen nasse, widerspenstige Knoten kam der Dorn erfolgreich zum Einsatz. Wenn der Gürtel mal nicht eng genug war, konnte man mit dem Dorn gut nachbessern.
Die Griffschalen aus irgendeinem tollen Plastik waren so stabil, dass man das Messer schon einmal unbeschadet quer als Hammerersatz benutzen konnte. Toll.

Ein Nachteil war, dass keine der Klingen, bzw. der Dorn, feststellbar waren. Insbesondere der Dorn klappte beim intensiven Stochern schon einmal um und man konnte sich verletzten.

Mein erstes Messer ließ sich superscharf schärfen - Dafür war es aber nicht rostfrei. Die Klingen sahen schnell nicht mehr so schön aus und beim Brotschmieren hinterließ es einen metallenen Geschmack auf dem Brotaufstrich und im Mundraum.
Das zweite Bergungsmesser war dann rostfrei und geschmacksneutral. Das sah natürlich schick aus und war pflegeleicht, dennoch habe ich manchmal die Schärfe des alten Messers vermisst.

Verstaut wurde es "am Mann" oft in der "Zollstocktasche" seitlich an der Hose. Eine Kette führte von der Öse am rückwärtigen Teil des Messers zu einem der Knöpfe an der Hüfte der Hose. Mit diese Kette ging das Messer nicht verloren und man konnte sich wunderbar, z. B. am Gangschaltungshebel, verheddern. Dann riss der Hosenknopf und es kam zu einiger Aufregung.

Schade: Auch solch ein Bergungsmesser gehört heute nicht mehr zu Ausrüstung. Viele Helfer behelfen sich mit einem selbst finanzierten, rotem Taschenmesser aus einem Land, dass ein Kreuz in der Flagge trägt. Ein Messer braucht man in der täglichen Praxis, mindestens um sich aus Leinen oder Gurtzeug im Notfall befreien zu können.
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