Die Trageausrüstung
Tragesätze (Rucksäcke) A, B und C aus den MKW'sAls es in den 70er / 80er Jahren die Trageausrüstung (auch Tragesatz / Bergungsrucksack) noch gab, verfügte der Bergungszug über jeweils drei Mannschaftskraftwagen (MKW) und einen Gerätekraftwagen (GKW). Nur in den MKWs gab es für deren Besatzung jeweils einen Tragesatz. Wie man auf dem Bild des Innenraumes des MKWs erkennen kann, befanden sich links und rechts des Einganges zum Mannschaftsraum zwei "Hochschränke", in denen die Tragesätze, leicht zugängig, gelagert wurden. Von oben fing es mit A an.
Es gab drei verschiedene Tragesätze, die sich jeweils durch deren Inhalt unterscheideten. Äußerlich fand sich, außer den aufgenähten Buchstaben A, B und C, kein Unterschied. Vom A-Satz waren links und rechts je einer vorhanden, von den B- und C-Sätzen jeweils zwei. Also zwei A-Sätze, vier B- und vier C-Sätze. Jeder der Fahrzeugbesatzung hat einen abbekommen. Von den A-Sätzen waren weniger vorhanden, weil deren Inhalt für die (drei) Unterführer bestimmt war. Da komme ich dann noch drauf.
Die Rücksäcke waren aus stärkerem Stoff als ein damals üblicher Rücksack gefertigt. Wichtige Nähte waren mit Leder eingefasst und der Boden sogar mit Leder ummantelt. Vielleicht war das auch Kustleder. Im Boden befand sich eine kleine, oben offene Kiste aus Polyesterfaser ("Fiber" hieß das damals). So behielt der Tragesatz seine Form, auch wenn er leer war. Spitze Teile konnten den Boden so auch nicht durchstechen. Die Tragesätze gab es in den Farben beige oder grau, meist einheitlich auf den Fahrzeugen, je nach Alter der Ausrüstung.
Die Tragesätze waren mit vielen Teilen gleichartig gepackt. In allen drei Sätzen (A, B und C) fanden sich jeweils:
Oben im Deckelfach: Kochgeschirr- und Mantelriemen (damit konnte man diese beiden Ausrüstungsteile an kleinen Riemen am Tragesatz befestigen).
In den Außentaschen rechts und links: Brandwunden-Verbandtücher und Dreieckstücher (auch gut als Mundschutz bei staubigern Arbeiten).
In der hinteren, großen Außentasche: Schutzhandschuhe aus Kunststoff (so dicke, rote Gummidinger - "Leichenhandschuhe" haben wir früher dazu gesagt), eine Schutzbrille mit Klarscheiben und Wischtuch und ein Bergungsmesser (was wir meist herausgenommen haben, siehe gesonderten Beitrag). Die Kopfhandleuchte (siehe dort) sollte wohl auch in den Tragesatz hinein, die hat man aber in einem Fach im MKW aufbewahrt, wenn sie nicht sowieso (wie eigentlich ständig) in der Schirrmeisterei zum Laden rumstand.
Beim Inhalt des Hauptfaches unterschieden sich die drei Arten. Der A-Sack war am besten. Dessen Inhalt war für die Unterführer bestimmt, die es ja im Kopf und nicht in den Armen hatten. Der Rucksack war am leichtesten und daher bliebt.
Im Haupfach des Tragesatzes A befand sich:
Ein Bergungsbeil in einer Tasche mit Zubehör (siehe gesonderten Beitrag), ein 30 cm Kistenbeitel (wir haben Kuhfuß dazu gesagt), eine Bindeleine aus Hanf (nicht für Personenrettung geeignet), ein Bergungstuch (kräftiges, rechteckiges Tuch mit sechs Griffen, als Ersatz für eine Trage, bzw. beengte Verhältnisse), eine Labeflasche - das ist ein ein wenig veraltetes Wort - damit sollte Verletzten etwas zu trinken gegeben, bzw. der Mund ausgespült (Gesteinsstaub) werden. Die Labeflasche sah ein wenig anders und einfacher aus, als die damals zur persönlichen Ausstattung gehörige Feldflasche. Dann war da noch die Kartentasche mit Inhalt (Meldeblöcke, Landkarten, Bleistifte, Radiergummi, etc.) drin. Die Bleistifte haben zunächst immer belächelt - Warum keine Kugelschreiber ? Der Vorteil an Bleistiften ist, dass sie nahezu immer schreiben, sogar nach langer Lagerung und bei tiefem Frost.
Im Hauptfach des Tragesatzes B konnte man folgende Geräte finden:
Ein Bergungsbeil mit Tasche und Zubehör (s. o.) und ein Öldruckheber, 2 t, mit Hebel. Das war ein kleiner, schüsselgroßer Wagenheber. Den Hebel steckte man daran und konnte damit durch pumpen einen Stempel herausdrücken, der immerhin 2 Tonnen heben, drücken, schieben, brechen konnte. Drehte man den Hebel auf einem Bajonett-Verschluss, senkte sich der Stempel wieder. Der Öldruckheber hatte viele Einsatzmöglichkeiten und war immer ganz praktisch. Unkaputtbar war er auch, wir hatten nie Schwierigkeiten. Ein längerer Kuhfuß mit 55 cm war drin, eine Bindeleine, 1 cm Durchmesser, 7,5 Meter lang (siehe oben) und eine (kratzige) Wolldecke. Durch den relativ schweren Öldruckheber war der Tragesatz B schon einiges schwerer als der beliebte A-Sack.
Im Hauptfach des Tragesatzes C befand sich:
Eine Stichsäge mit verschiedenen Sägeblättern in einer kleinen Holzkiste. Die war sehr praktisch. Die groben Sägeblätter zogen gut was weg. Der Griff ließ sich sowohl kippen, als auch drehen. Damit konnte man wirklich unter vielen beengten Umständen arbeiten. Dann war da auch noch so ein langer Kuhfuß wie im B-Sack drin, eine Kombizange, eine Blitzrohrzange, ein Fäustel (dicker Hammer), 2 kg und ein spitzer, sowie ein flacher, 40 cm langer Meißel, z. B. für Mauerdurchbrüche. Ein Klapphackspaten (ein kleiner, klappbarer Spaten, den man auch zum Hacken umstellen konnte), und ein Bergungstuch passten auch noch rein. Eine Bindeleine (s. o.) sowie eine Halteleine aus Hanf (1,4 cm Durchmesser, 20 Meter Länge), die zur Personenrettung geeignet war, rundeten das Angebot dieses Tragesatzes ab. Mit diesem schwersten Tragesatz C herumzulaufen erforderte schon einige Kraft. Wenn wir Gelegenheit hatten, haben wir geschummelt und uns lieber einen anderen Tragesatz gegriffen.
Die Tragesätze waren auch nicht immer günstig eingeräumt. Oft hatte man den Eindruck der Inhalt war von dem Kameraden nur hineingeschüttet worden. Da der Rückenteil der Säcke nicht gepolstert war, hatte man schon einmal einen Kuhfuß oder einen Klappspaten im Kreuz, wenn man durch das Gelände turnte. Das war nicht angenehm und hätte vermieden werden können, wenn man z. B. das Bergungstuch oder die Wolldecke an den Rückenteil des Rucksackes gepackt hätte. Schön, dass ich noch die, damals auf Matritze vervielfältigte, Packordnung von 1960 gerettet habe.
Im Zeitalter der tollen elektrischen und hydraulischen Geräte mag man die Tragesätze belächeln, aber ich habe diese vielfältige Erstausstattung, die die Gruppe am Mann mitführt z. B. im Erdbebeneinsatz in Nordjemen sehr vermisst. Mit dieser mitgeführten Erstgeräteausstattung kommt man in den ersten Phasen des Einsatzes schon sehr weit und man muss nicht ständig über Trümmer zum Fahrzeug rennen, um fehlendes Gerät nachzuholen. Schade, dass es nichts vergleichbares mehr gibt.