Geschrieben von Christian K. am 24.02.2013 11:50
HISTORISCHES

Hitzeschutzanzug

Die schwere Hitzeschutzbekleidung

Schwere Hitzeschutzbekleidung


Nun geht es einmal in die 80 Jahre. Eine schöne Zeit. Die Ausrüstung der Bergungszüge wächst und nimmt ständig an Umfang zu. Noch ist es ja nicht lange her, dass wir auf den alten Borgwart-MKW's, fast ohne Gerät, unterwegs waren. Jetzt stehen die neuen Mercedes-Rundhauber MKW's und GKW's auf dem Hof und bald sind alle leeren Fächer gefüllt.

Eines Tages finden sich unscheinbare Jute-Taschen auf den Fahrzeugen. Was ist da drin ?
Man: Schwere Hitzeschutzbekleidung. Die können wir gut gebrauchen. Seit Jahren sind wir Spezialisten mit unserer Sauerstoff-Lanze im Durchdringen von Stahlbeton. Einen umfänglichen Schutz gegen Funken- und "Lavaflug" gab es bisher nicht. Nun aber.

Die schwere Hitzeschutzbekleidung bestand aus einem Overall, also einem einteiligem Anzug. Der Anzug war, insbesondere auf dem Rücken, so großzügig geschnitten, dass man in voller Einsatzbekleidung, inklusive schwerem Atemschutz, reinsteigen konnte und musste. Man öffnete am Rückenteil des Anzuges einen Reißverschluss und bestieg den Anzug von dort aus.

Auf dem Rückenteil sieht man den "Buckel", unter dem sich die Atemluftflasche verbarg. Es ist schon schwer genug in vollen Klamotten in so einen Anzug hineinzuschlüpfen, mit den Stiefeln (seinerzeit "Knobelbecher") ging das gar nicht. Die musste man vorher ausziehen, von oben durch die Hosenbeine des Schutzanzuges stecken und erst dann konnte man in den Anzug springen. Mitsamst der Knobelbecher stieg man dann noch in Überschuhe aus silbrig glänzendem Stoff.

Wie man auf den Detailfotos erkennen kann, waren die Arm- und Beinabschlüsse gedoppelt, es befand sich also jeweils ein zweiter Ärmel und ein zweites Bein im Anzug, damit ein sicherer Abschluss an den Gelenken hergestellt werden konnte und keine Flammen, etc. eindringen konnten.

Als ob es in dem Anzug nicht so schon warm genug wurde - Der war auch noch gefüttert. So eine Art dicke "Rheumadecke", wie meine Großmutter sie gerne hatte, war in den Anzug eingearbeitet. Dieses Futter war durch Druckknöpfe mit dem Anzug verbunden, man konnte es herausnehmen und z. B. separat waschen.

Bei bis zu 600 Grad Umgebungstemperatur macht das warme Futter aber dann auch nichts mehr aus. Es verhinderte, dass man sich am aufgeheizten Silberstoff innen am Anzug verbrannte. Das Foto, auf dem man das Futter erkennen kann, zeigt den geöffneten, rückwärtigen Einstieg in den Anzug.

Ein goldfarben verspiegeltes Visier stellte die Krönung dar. Das lies den Träger des Anzuges unsichtbar werden. Das Visier auf den Fotos hat schon ein wenig gelitten und ist sehr zerkratzt. Es war in eine riesige Kapuze mit einem langen Latz über den Rücken eingearbeitet. Unter dem Latz war noch einmal die Atemschutzflasche und der Einstiegs-Reißverschluss abgedeckt. Die Kapuze musste man hier, anders als sonst, von vorne über den Kopf ziehen. Daran war dann ein Gurt befestigt, der um den Bauch gelegt und verschlossen wurde. Damit war man von der Außenwelt abgeschlossen. Jetzt sah man besser aus als die Jungs von der Fughafenfeuerwehr.

Die Handschuhe dazu waren recht dünn gearbeitet und an der Handinnenseite mit altbewährtem Leder ausgerüstet. Da war nur dünnes Futter drin. So konnte man noch relativ gut greifen, was nicht bei allen schweren Schutzanzügen (ABC-Zodiac) so war. Gut so. Technische Details kann man in der anliegenden Beschreibung des Bundesamtes für Zivilschutz für den Brandschutz- und Bergungsdienst nachlesen.

Der schwere Hitzeschutzanzug war nichts für Leute mit Platzangst. Bestenfalls mehrere Kameraden mussten beim Anziehen helfen. Das dauerte. Man musste in Zweiman-Trupps losziehen und lange konnte man das in dem dicken Anzug mit allen Klamotten an und dem Atemschutzzeug um nicht aushalten. In jedem Fall konnte man Aufsehen in dieser Aufmachung erregen. Gerne haben wir bei Öffentlichkeitsveranstaltungen die Besucher damit erschreckt. Zum Glück haben wir die Anzüge nie unter den dafür wirklich gedachten Bedingungen einsetzen müssen.

Ich habe so einen Erkundungsgang über Trümmer im Feuersturm bei höchsten Windgeschwindigkeiten vor dem geistigen Auge. In Richtung der 90'er Jahre verschwand der schwere Hitzeschutzanzug dann wieder aus dem Ausrüstungskatalog der jetzt Technischen Züge. Schade.

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